Energiewende: In diesen Punkten sind andere Länder uns voraus
Smart Meter und dynamische Tarife
Besonders skandinavische Länder sind im flächendeckenden Smart-Meter-Rollout deutlich weiter als wir. In Norwegen oder Schweden sind intelligente Stromzähler, – hierzulande auch unter dem Fachbegriff “intelligente Messsysteme” (kurz: iMSys) bekannt, – nahezu landesweit verbaut. Verbraucher:innen profitieren dort bereits seit Jahren von dynamischen Tarifen wie dem von Tibber und werden über die damit verbundenen preislichen Anreize motiviert, ihren Stromverbrauch flexibel und kosteneffizient an die Marktpreise anzupassen. In Deutschland hingegen sind aktuell gerade einmal 2,8 Prozent aller Haushalte mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet. Kund:innen können so nicht von Zeiten mit hohem Ökostromanteil im Netz profitieren. Das ist weder gut für ihren Geldbeutel, noch für die Umwelt.
Mit Vehicle-to-Grid Speicherpotenziale nutzen
Großbritannien zeigt durch das Einspeisen von Strom aus Autobatterien ins Netz (das sogenannte Vehicle-to-Grid oder V2G), wie E-Autos smart ins Energiesystem integriert werden können. Während Engpasszeiten können sie Strom zurückspeisen und dadurch zur Netzstabilität beitragen. „Wir sehen in UK, dass E-Autos schon heute aktiv Teil des Energiesystems werden können. In Deutschland wird diese Chance bislang kaum genutzt“, sagt unser Deutschlandchef Merlin Lauenburg dazu. Dabei zeigen Berechnungen, “dass 350.000 E-Autos ein ganzes Gaskraftwerk ersetzen können.“
Die Einspeisung aus Heimspeichern und E-Autos wäre hierzulande technisch übrigens längst möglich. In der Praxis verhindern jedoch hohe Netzentgelte, rechtliche Vorgaben und komplexe Abstimmungen mit den Netzbetreibern eine wirtschaftlich attraktive Umsetzung. Ein Beispiel: Wer Strom für 0 Cent pro kWh einkauft und für 17 Cent verkauft, zahlt oft rund 14 Cent an Netzentgelten – ein Modell, das Anreize, zur Netzstabilität beitragen zu wollen, zunichtemacht.
Flexibilität mit Grid Rewards belohnen
Grid Rewards ist ein Service von Tibber, mit dem Kund:innen auch über die gewohnte Kostenersparnis mit dynamischen Tarife hinaus Geld verdienen können. Indem sie Energie nämlich dann nutzen, wenn es für das Netz am besten ist. Der Ladevorgang ihres E-Autos wird dafür in Zeiten mit Engpässen etwa kurzzeitig gedrosselt oder startet bei einem Überangebot auch mal in Stunden, in denen der ursprüngliche Ladeplan es nicht vorgesehen hatte. In Norwegen, Schweden und den Niederlanden hat Tibber Grid Rewards bereits erfolgreich gelauncht. Bei der aktuellen Marktsituation konnten im Schnitt 100 EUR pro Jahr und Haushalt ausgeschüttet werden. Auch in Deutschland soll das Feature ausgerollt werden.
Strompreiszonen für eine marktgerechte Steuerung
Während Länder wie Italien oder die nordischen Staaten Strompreiszonen nutzen, um Netzengpässe gezielt zu steuern und Investitionen regional zu lenken, hält Deutschland weiterhin am Einheitspreis fest. Die Folge: teure Redispatch-Maßnahmen (damit ist das spontane, oft kostspielige Einspringen von Kraftwerken gemeint) und fehlende Anreize für den Ausbau an den richtigen Standorten. Dabei sind regionale Preissignale entscheidend, damit Strom dort produziert und verbraucht wird, wo es volkswirtschaftlich Sinn ergibt. Aktuell zahlen in Deutschland noch immer vor allem Bundesländer drauf, die einen besonders hohen Anteil an erneuerbarer Stromerzeugung haben.
Fragmentierung und Regulierung erschweren Abstimmungen
Die notwendige Digitalisierung des Strommarkts scheitert unter anderem auch an der starken Fragmentierung der Netzbetreiber in Deutschland: Fast 900 Verteilnetz- und Messstellenbetreiber sowie hohe regulatorische Hürden verhindern eine schnelle Digitalisierung und einheitliche Steuerung. Viele der kleineren Messstellenbetreiber haben oft nicht die personellen Ressourcen oder das Knowhow für den dringend benötigten schnellen Smart-Meter-Rollout. Gleichzeitig fahren viele Netzbetreiber staatlich geschützte Traum-Renditen von bis zu 50 Prozent ein.
In Dänemark gibt es zum Vergleich insgesamt nur circa 45 Verteilnetzbetreiber sowie eine zentrale Infrastrukturlösung, die dänische DataHub-Plattform, die allen Marktteilnehmern standardisierten und sicheren Datenaustausch ermöglicht. Zentrale Prozesse und einheitliche Standards ermöglichten Dänemark schon 2021 eine 100-prozentige Smart-Meter-Abdeckung. Unser deutscher Energy Market Lead Ralf Walther meint dazu Folgendes: "Eine Preiszonenteilung würde auch in Deutschland Sinn ergeben und für fairere Verhältnisse zwischen Erzeugern und Abnehmern von erneuerbar erzeugtem Strom sorgen. Entscheidend ist dabei aber vor allem der Zeitpunkt: Erst nach Abschluss des Netzausbaus ergibt eine Preiszonenteilung wirklich Sinn."